Start in eine neue Arbeitswelt
Veröffentlicht am 28.09.2020
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es möglich und notwendig ist, Arbeitsabläufe und -bedingungen anders zu gestalten als bisher. Wie das genau gelingen kann, wollen wir an dieser Stelle versuchen zu klären.
In zahlreichen Firmen wird in dieser Zeit der Ausnahmezustand der letzten Monate beendet. Dazu gehört insbesondere das Aushandeln der künftigen Form der Zusammenarbeit. Die Erfahrungen, die wir während der Corona-Zeit sammeln konnten, sind dabei auch eine Möglichkeit, alternative Arbeitswelten mit anderen Augen zu betrachten. Vorher sollten diese von allen verarbeitet werden, um keine voreiligen Entscheidungen zu treffen. Grosse betriebliche Veränderungen sollten deshalb schrittweise und im Einklang mit den derzeitigen Entwicklungen vorgenommen werden. Denn noch wissen wir nicht genug über das, was möglich und sinnvoll ist. Die Lernprozesse sind schliesslich noch längst nicht abgeschlossen. Neue Ziele und firmeninterne Umstrukturierungen sollten von allen Entscheidungsträgern deshalb behutsam angegangen werden.
Als kleine Orientierung für Unternehmen und Organisationen können folgende Gedankenanstösse dienen:
Zusammenarbeit
In manch einem Unternehmen macht man sich Sorgen darüber, ob die Mitarbeitenden überhaupt wieder in den Büros arbeiten wollen. Immerhin hat das dezentrale Arbeiten weitgehend gut funktioniert bzw. funktionieren müssen. In vielen Fällen wird sich aber auch gezeigt haben, dass die Arbeitsabläufe und das Miteinander darunter leiden. Die Zusammenarbeit im Team kann eine Videokonferenz nicht ersetzen. Darum gilt es, in Zukunft die richtige Balance zwischen Gemeinschaft und Autonomie zu finden. Viele werden im Homeoffice ohnehin gemerkt haben, dass das Miteinander im Büro durchaus als "Quality Time" anzusehen ist. Herrschen dort ein gutes Arbeitsklima und ein kollegiales Verhältnis, verbringen die Mitarbeitenden hier auch gerne einen Teil ihrer Arbeitszeit. Dabei sollte nur etwa die Hälfte des Bürotags fest verplant sein. Dadurch bleibt genug Raum für Spontaneität, Kreativität und gemeinsame Zeit.
New Deal
In diesen Wochen scheinen wir von Säulen- und Kuchendiagrammen nur so bombardiert zu werden. Diese zeigen, wie viele Tage die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig im Homeoffice arbeiten wollen oder können - so etwa in der neuesten Gensler-Studie oder in einer Umfrage beim Unternehmen Swisscom. Das Ergebnis: Etwa zwei bis drei Tage in der Woche wünschen sich die meisten das Arbeiten von zu Hause aus. Da hinsichtlich Corona noch längst keine Entwarnung gegeben werden kann, scheint dies durchaus sinnvoll. Mit Vorsicht sind jedoch einseitige Forderungen zu geniessen. Tiefgreifende Veränderungen müssen sich für alle Beteiligten lohnen.
Ein Beispiel: Eine Angestellte arbeitet noch zu 50 % innerhalb eines KMU. Während Homeoffice vor der Pandemie für sie keine Option war, wurde es in der Corona-Zeit zur Normalität. Nun will sie dauerhaft nur noch an zwei Tagen im Büro erscheinen und einen halben Tag in den eigenen vier Wänden arbeiten, was ihr vom Vorgesetzten verweigert wurde. Zu Unrecht, werden hier sicher viele denken. Doch ein besserer Deal für beide Parteien wäre wohl gewesen, wenn die Dame stattdessen einen Teil der Zeit, in der sie sich nicht im Büro aufhält, bei Bedarf zu erreichen ist.
Für einige Unternehmen kann sich eine ganz andere Vereinbarung als günstig erweisen. Um z. B. die Miete für Büroflächen zu senken, könnten sie ihren Angestellten Coworking-Plätze finanzieren und die bisherigen Einzelarbeitsplätze so weit wie möglich abschaffen. Auf diese Weise kombiniert man Einsparungen bei der Infrastruktur mit einem höheren Wohlbefinden unter den Mitarbeitenden. Das wäre nicht nur gelebte Solidarität, sondern hilft allen Beteiligten. Und es erübrigt sich darüber hinaus die Anschaffung teurer Büromöbel, für die viele Menschen wahrscheinlich ohnehin nicht genügend Platz zu Hause haben. Hinzu kommt, dass die meisten Menschen an einem Coworking-Arbeitsplatz konzentrierter und damit auch produktiver arbeiten können als in den heimischen vier Wänden.
Um den Weg in die neue Arbeitswelt mit all ihren Anforderungen bestmöglich zu meistern, müssen schlussendlich stets die Bedürfnisse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermassen berücksichtigt werden. Ein allgemeingültiges Rezept für den erfolgreichen Wandel kann es dabei nicht geben, weil die Strukturen in jedem Betrieb unterschiedlich ausfallen. Mit einem guten Augenmass und der Offenheit nach neuen Lösungsansätzen, können Führungskräfte aber den richtigen Weg finden, von dem am Ende alle profitieren.