Fussball-Legende Paul Breitner über Parallelen im Spitzensport und in der Berufswelt.
Exzentriker, Revoluzzer, Querkopf und unbequemer Rebell: Paul Breitner (Jahrgang 1951) war ein Sportler, an dem sich die Geister schieden. Fussballerisch prägte er den Stil des FC Bayern der frühen 80er Jahre und war zudem eine der dominierenden Persönlichkeiten in der deutschen Nationalmannschaft. Bei der Fussball-WM 1982 in Spanien war Breitner die Leitfigur der deutschen Nationalelf und erreichte mit seinen Mannschaftskollegen das Finale. Mitte der Saison 1982/83 beendete Breitner seine aktive Laufbahn. In den vergangenen Jahren war er unter anderem als Chefscout und Markenbotschafter des FC Bayern tätig. Er beschäftigt sich auch mit der Frage, was HR- und Ausbildungsverantwortliche von Profisportlern lernen können. Eine seiner Kernaussagen lautet, dass Führungskräfte einer Gruppe nur dann gerecht werden können, wenn sie jedem Einzelnen gerecht werden.
Was eine gute Führung ausmacht – sowohl im Leistungssport als auch im Ausbildungsbereich:
Um Menschen dabei zu unterstützen, das Beste aus sich herauszuholen, benötigt es sowohl im Sport als auch in Ausbildungsbetrieben Wissen, Empathie und fachliche Kompetenz. Gefragt sind Führungspersönlichkeiten, die in der Lage sind, mit dem Einzelnen sowie mit der gesamten Gruppe so umzugehen, dass sich jeder bestmöglich entfalten kann.
Was Ausbildungsverantwortliche tun können, um als Coach und Mentor ernst genommen zu werden:
Ausbildungsverantwortliche sollten in erster Linie in der Lage sein, ihren eigenen Weg glaubwürdig rüberzubringen, diesen vorzuleben und sich partnerschaftlich zu zeigen. Jeder Mensch braucht um sich herum den einen oder anderen Problemlöser. Im Rahmen einer Führungsaufgabe ist dies einer der entscheidendsten Punkte: Führungspersönlichkeiten sollten aufzeigen, wie Probleme erkannt und gelöst werden können – ohne Wenn und Aber und mit absoluter Ehrlichkeit sich selbst gegenüber.
Wie mit Stärken und Schwächen umzugehen ist:
Das ist eigentlich ganz einfach: Bei Schwächen sollte die Person in leitender Position loben, bei Stärken sollte sie sich kritisch zeigen. Sehr gute Nachwuchstalente müssen immer wieder dazu animiert werden, noch besser und vor allem nicht überheblich zu werden. Dieses Wechselspiel zwischen Lob und Kritik erfordert viel Fingerspitzengefühl. Wenn die Führungskraft einmal zu viel schimpft oder einmal zu viel lobt, obwohl dies gerade nicht angebracht war, wird sie unglaubwürdig. Zu erkennen, welches Verhalten wann angebracht ist – das macht den perfekten Ausbilder und Trainer aus.
Wie sich ein Team als Gesamtes bestmöglich aufstellen lässt:
Auch hierbei geht es vor allem darum, relativ schnell erkennen zu können, wer welche Stärken und Schwächen hat und individuell auf diese einzugehen. Nur die Gruppe, die einen Ausbildungsleiter, beziehungsweise nur die Mannschaft, die einen Trainer hat, der jedes Mitglied individuell führen kann, wird überdurchschnittlichen Erfolg haben.
Wie mit Konflikten umzugehen ist:
Meines Erachtens sollten Konflikte sofort ausgetragen werden. Als ich in der Zeit von 1970 bis 1974 sozusagen Lehrling war, gab es Typen wie Franz Beckenbauer und Gerd Müller, die ganz klar gesagt haben: Wir gehen nicht raus auf das Spielfeld, wenn es irgendwelche Probleme innerhalb der Mannschaft gibt. Bei uns hat es gekracht – häufig unmittelbar vor Spielen. Wenn der Schiedsrichter dann gepfiffen hat und wir raus auf das Spielfeld mussten, hatten wir wenigstens schon einmal darüber gesprochen und mussten den Streit nicht mit auf den Platz nehmen. Konflikte sollten nicht unter den Teppich gekehrt, sondern gelöst werden – und zwar sofort. Genau so habe ich es in den letzten Jahren, in denen ich für reichlich Mannschaften mitverantwortlich war, gehalten.