Reine Frauennetzwerke sind nicht besonders schlagkräftig, wenn sie nur dazu dienen, künftigen Generationen den Weg zu ebnen. Denn es fehlt an Sichtbarkeit.
Von Svenja Hofert*
Melanie möchte Karriere machen. Es zieht sie ins Ausland. Sie will Beziehungen aufbauen, Spuren hinterlassen. Von ihrem Frauennetzwerk im Konzern erhofft sie sich Unterstützung. Sie will sich dort engagieren und glaubt, dass das auch “oben” gesehen und goutiert wird. Als sie das ihrem Chef sagt, lacht der laut auf. „Karriere kannst du vergessen, wenn du dich da engagierst“, lästert er.
Eine wahre Geschichte über Frauenförderung und die Illusion, dass formelle Netzwerke Frauenkarrieren fördern würden. Dabei sind Frauen- oder vielmehr Gendernetzwerke das wohl häufigste Instrument im Unternehmen, wenn es um Gleichstellungsmassnahmen geht. Sie gehören zum festen Inventar des Personalwesens. Viele Konzerne betreiben sie auch deshalb gern, weil sie günstig und schnell einzurichten sind. Der Schuss geht dabei aber schnell nach hinten los.
Veronika Hucke hat jahrelang die Funktion D&I (Diversity and Inclusion) in einem weltweit agierenden Konzern verantwortet. Jetzt hat sie mit einer amerikanischen Kollegin gemeinsam eine Studie veröffentlicht. An der globalen Untersuchung „Frauennetzwerke aus neuer Perspektive“ nahmen zwischen August und November 2015 insgesamt über 1700 Befragte (92 % Frauen) aus 58 Ländern teil, die sich in Netzwerken engagieren, diese leiten oder qua Funktion unterstützen. Dabei ging es um interne, also unternehmenseigene und externe, also unternehmensunabhängige Netzwerke.
Das Ergebnis der Studie zeigt, dass Frauennetzwerke oft nicht funktionieren. Die meisten erfüllen Erwartungen nicht mal ansatzweise. Teilweise wirken sie sogar kontraproduktiv, denn die ineffizienten Netzwerke erschüttern das Vertrauen der Frauen in ihren Arbeitgeber. Die damit verbundene Enttäuschung wirkt sich negativ auf die Mitarbeiterbindung aus und sorgt gemeinsam mit den vielen Stunden, die ins Netzwerk statt in die Karriere investiert werden, schliesslich dafür, dass Netzwerke den Aufstieg von Frauen behindern statt befördern können.
So replizieren viele Frauennetzwerke die Automatismen, die sie eigentlich beenden wollen: Statt in Projekte zu drängen, die eine hohe Sichtbarkeit bieten und die Karriere unterstützen, opfern sich viele Frauen in Netzwerken auf, die dem grossen Ganzen dienen, die Kultur verändern und den Weg für künftige Generationen ebnen sollen. Ihre Arbeit wird weder gesehen noch anerkannt und findet im Schwerpunkt unbezahlt und in der Freizeit statt.
Allerdings ist die Begeisterung für reine Frauennetzwerke rückläufig. Rund Dreiviertel der befragten Mitglieder der Generation Y – Geburtsjahre 1977 bis 1994 – sehen reine Frauennetzwerke als „ein Ding der Vergangenheit“. Ob das am Ende auch das Aus für das klassische Frauennetzwerk bedeutet, bleibt abzuwarten. Es könnte schliesslich sein, dass den Wunsch nach einem reinen Frauenzirkel Alter und Erfahrung der Frauen mitprägen. Schliesslich verlaufen Frauenkarrieren bis zur Familienpause oft parallel zur Männerkarriere, entwickelt sich der Gender Pay Gap erst mit dem ersten und zweiten Kind richtig deutlich. Und da sind viele Frauen der Generation Y noch nicht.
*Svenja Hofert ist Karriereberaterin und Autorin. Sie ist spezialisiert auf die Arbeitswelt der Zukunft und neue Karriereformen: karriereblog.svenja-hofert.de. Die Studie ist als Download erhältlich unter: www.di-strategy.com
Netzwerke für Frauen: Darauf kommt es an
- Schauen Sie auf die konkrete Strategie Ihres Unternehmensnetzwerks. Ist es Teil eines schlüssigen Konzepts? Arbeitet es produktiv und karrierebezogen? Oder ist das Netzwerk eine unproduktive Lästerrunde oder ein Austausch über Beauty-Themen? Wer mehr Frauen in Führungspositionen haben will, sollte wissen wie er sie dahin bekommt. Und nicht darauf hoffen, dass es ein Frauennetzwerk komplett von selbst läuft.
- Begeben Sie sich als Frau bewusst unter Männer, auch die höherer Hierarchieebenen. Wie wäre es so: Austausch im Frauennetzwerk finden, Männerstrategien lernen und dann durchmarschieren in die Männerdomänen!
- Suchen Sie Kontakt nach oben. Verbünden Sie sich dabei mit denen, die „kommen werden“, das sind meist jene Manager, die vom alt eingesessenen Inventar noch etwas schräg angesehen werden. Ihre Supporter und Wegbereiter sind auch gute Ansprechpartner.
- Üben Sie sich im Nicht-Sagen: Selbst Nicht-Alphatiere unter den Männern beherrschen Machtgesten wie raumgreifendes Gehen, Abwenden, Abstand halten, Abbruch von Blickkontakt. Lernen Sie davon! Wie Machtgesten funktionieren, kann man auch gut bei Politiker-Frauen beobachten, etwa Angela Merkel und Ursula von der Leyen. Da gibt es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen.
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