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Die grössten Irrtümer

Veröffentlicht am 05.06.2016
Die grössten Irrtümer
Wer vorwärts kommen will, muss die geheimen Spielregeln der Karriere kennen   Beförderung, Dienstwagen, Chefgehalt – wer träumt nicht vom grossen Karrieresprung! Doch im Alltag geht es oft nur im Schneckentempo vorwärts.   Von Martin Wehrle*
Sind Sie ganz sicher, dass Sie durch Fleissarbeit Ihre Karriere vorwärts bringen? Dass es klug ist, sich mit dem Chef zu duzen? Dass lange Arbeitszeiten Ihrer Karriere dienen? Und dass Sie als Klügerer tatsächlich nachgeben sollten? 
 
Nichts als Karriere-Irrtümer! Die gute Nachricht: Solche Irrtümer sind durchschaubar. Wenn Sie die geheimen Spielregeln der Karriere kennen, sind Beförderung, Dienstwagen und Chefgehalt plötzlich zum Greifen nah.
 
Nachfolgend die grössten Karriere-Irrtümer und Tipps, wie Sie’s besser machen:
 
1. Leistung lohnt sich
Es kommt nicht darauf an, wie viel Sie leisten – nur darauf, wie viel Ihr Chef davon mitbekommt. Eine IBM-Studie weist nach: Mitarbeiter werden nur zu zehn Prozent für ihre Leistung befördert; zu 90 Prozent kommt es darauf an, wie sie diese Leistung verkaufen und ihr Verhältnis zum Chef gestalten. Gefragt sind Beziehungspflege und Selbst-PR. Gutes zu tun ist nicht genug – Sie müssen auch darüber reden!
 
2. Überstunden fördern die Karriere
Was bringt es, wenn Sie jeden Tag zwölf Stunden arbeiten? Nichts, falls Ihr Chef es übersieht. Das Drama: Viele „Fleissarbeiter“ nehmen Ihre Arbeit im Morgengrauen auf – also mehrere Stunden, bevor der Chef ins Büro kommt. Wenn sie dann um 17 Uhr Feierabend machen, kurz vor dem Chef, sieht dieser nur ihren „frühen Abgang“. Besser: Etwas früher als der Chef kommen – und etwas später als er Feierabend machen. Dann ist man, aus seiner Sicht, „rund um die Uhr“ da. Und gilt als fleissig.
 
3. Es ist gut, sich mit dem Chef zu duzen
Das Duzen mit dem Chef kann gefährlich sein; es gaukelt eine emotionale Nähe vor, die so nicht vorhanden ist. Dann fühlt sich die Überstunde plötzlich wie ein Freundschaftsdienst an. Und wer möchte seinen „Duzfreund“ mit einer Gehaltsforderung in Schwierigkeiten bringen? Deshalb: Wahren Sie eine gewisse Distanz zu Ihrem Chef. Das geht durch ein „Sie“. Oder indem Sie, trotz Duzen, Arbeits- und Privatbeziehung streng auseinander halten.
 
4. Alkohol ist ein Karrierekiller
Der US-Wissenschaftler Edward Stringham fand heraus: Wer gelegentlich ins Glas schaut, macht schneller Karriere. Trinkfreudige Männer kassieren zehn Prozent mehr Gehalt, Frauen sogar 14 Prozent. Alkohol fördert die Geselligkeit, verbessert die Kommunikation und hebt die Qualität der Netzwerke. Aber keine Übertreibung! Wer zuviel trinkt, stürzt auf der Karriereleiter ab. Und landet eher unter der Brücke als im Management.
 
5. Ehrlich währt am längsten
Die Geschäftswelt ist ein Reich der Illusion: Jede Mini-Praline kommt als „längste Praline der Welt“ daher, jedes Waschmittel wäscht „weisser als weiss“. Seien Sie ebenso optimistisch, was Ihre Leistung angeht! Zum Beispiel darf Ihr Lebenslauf keine Lücken haben. Waren Sie wirklich arbeitslos? Nein, Sie haben sich fortgebildet. Waren Sie sechs Monate auf Weltreise? Nein, Sie haben Ihre Englischkenntnisse perfektioniert. Die Wahrheit hat immer zwei Seiten – zeigen Sie die beste!
 
6. Wer fragt, der führt
Der Volksmund weiss: Ein Chef hat das Sagen, nicht das Fragen! Die Frage ist angebracht, wenn Sie sich vor einer Entscheidung informieren. Sprechen Sie ausführlich mit Ihren Mitarbeitern und Kollegen. Aber am Ende sind Sie es, der aus diesen Infos eine Entscheidung ableiten muss. Wenn Sie kurz davor noch fragen, wird Ihnen das als Schwäche ausgelegt. Sagen Sie, wo’s langgeht! Nur wer überzeugt ist, kann überzeugen.
 
7. Der Klügere gibt nach
Mit jedem Schritt, den ein Kluger zurückweicht, öffnet er der Dummheit Tür und Tor. Lassen Sie es nicht zu, dass sich die dümmsten Standpunkte durchsetzen, nur weil ein ebenso dummer Sturkopf sie vertritt. Im Gegenteil: Geben Sie nur dort nach, wo es nicht schadet, also bei einem Randaspekt. Aber setzen Sie sich beim Kern der Sache durch, indem Sie Ihren Verstand und Ihre Argumente in die Waagschale werfen. Wer Karriere machen will, bestimmt selbst die Richtung – und lässt sich nicht schubsen.
 
8. Ein Expertenimage ist hilfreich
Der Experte gilt als Fachmann – aber nur für ein Gebiet von der Grösse eines Bierdeckels. Wer aufsteigen will, muss über den Tellerrand hinausblicken. Deshalb: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Name nicht nur an Spezialaufgaben klebt, sondern beschäftigen Sie sich auch mit Themen, die für Ihre Firma von allgemeiner Relevanz sind. Zum Beispiel können Sie mit Kommunikations- und Führungsthemen, mit Verbesserungsvorschlägen und neuen Produktideen dicke Pluspunkte für Ihren Aufstieg sammeln.
 
9. Gute Noten fördern eine Karriere
Wer in der Schule oder beim Studium immer zu den Besten gehörte, kann im Beruf plötzlich auf die Verliererstrasse geraten. Denn in der Arbeitswelt zählt ein Fach, das nicht unterrichtet wird: Emotionale Intelligenz. Entscheidend ist, wie gut Sie mit sich und mit anderen umgehen. Erst dann kommt die Fachleistung. Der Nasenfaktor und Vitamin B sind die wichtigsten Treibstoffe für eine Karriere. Ein Trost für alle, die keine Einser-Schüler waren!
 
* Der Erfolgsautor Martin Wehrle gilt als Deutschlands bekanntester Karrierecoach.
In der Schweiz ist er als unterhaltsamer Vortragsredner bekannt, u. a. zu Führungskultur
und Frauenförderung. Kontakt über: www.wehrle-redner.de

Foto: Thinkstock