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Schatz, was meinst du?

Veröffentlicht am 30.10.2016
Schatz, was meinst du?
Der Einfluss des Lebenspartners auf die eigene Karriere ist grösser als bisher angenommen.   Von Manuela Specker
Der karriereorientierte Mann, der sich eine vollamtliche Hausfrau als Partnerin wünscht, die ihm den Rücken freihält: Dieses Rollenmodell ist am Aussterben. „Karriereorientierte Personen wünschen sich auch karriereorientierte Partner“, sagt Marion Büttgen, Professorin am Lehrstuhl für Unternehmensführung der Universität Hohenheim. Sie ist Mitautorin einer Studie, in der untersucht wurde, wie der Partner die Karriereentscheidungen beeinflusst. Dabei zeigte sich: Sowohl Männer wie Frauen nehmen heute mehr Rücksicht auf ihre Partner, wenn es um einen neuen Job im Ausland geht – und zwar unabhängig von der Lohnhöhe oder der Frage, ob Kinder vorhanden sind oder nicht. Die Bereitschaft des Partners, in eine andere Stadt oder sogar in ein anderes Land ziehen, beeinflusst auch die eigene Entscheidung.
 
Marion Büttgens Botschaft an die Firmen ist unmissverständlich: Sie empfiehlt, auch den Partner in die Überlegungen miteinzubeziehen und bei der Jobsuche behilflich zu sein, wenn ein Mitarbeiter ins Ausland versetzt werden soll. „Das ist auf lange Sicht günstiger, als den Mitarbeiter zurückzuholen, weil der Partner sich am neuen Wohnort nicht wohlfühlt.“ Die Karriereschritte werden offenbar zu Hause auch gemeinschaftlich geplant, und wenn der Partner nicht mitziehe, sei nun mal weniger möglich.
 
Gemäss einer Untersuchung der auf Relocation-Service spezialisierten Brookfield GRS aus dem Jahr 2013 werden mehr als die Hälfte aller Auslandsentsendungen aus familiären Gründen abgelehnt. Kommt es doch zum Umzug, kann dieser zur Belastungsprobe werden. Eine allfällige Unzufriedenheit des Partners beeinträchtigt nicht nur die Leistungsfähigkeit der Expats. 62 Prozent aller frühzeitigen Abbrüche der Auslandaufenthalte sind laut einer Mercer-Studie auf den Lebenspartner zurückzuführen.
 
Das liegt vor allem an den mangelnden Jobmöglichkeiten. Laut der Permits Foundation, die sich seit 2001 um die Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten für Expat-Partner kümmert, sind rund 90 Prozent der mitreisenden Expat-Partner vor dem Ortswechsel berufstätig. Im Gastland sind es dann aber nur knapp 35 Prozent, die einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können.
 
Die Folgen liegen auf der Hand: Fehlende Strukturen und Kontakte führen dazu, dass sich die joblosen Partner bedeutend weniger schnell integrieren können und länger brauchen, bis sie mit den kulturellen und gesellschaftlichen Besonderheiten vertraut sind.
 
Das Problem haben gerade grosse internationale tätige Konzerne erkannt. Sie haben oft eine eigene Abteilung, die sich um die Expats kümmert, und arbeiten mit Firmen zusammen, die sich auf entsprechende Dienstleistungen spezialisiert haben – zum Beispiel die Wohnungssuche und Behördengänge.  Auch Sprachunterricht und interkulturelle Schulungen gehören oft zum Unterstützungsprogramm.
 
Bei Siemens beispielsweise, wo von weltweit 350`000 Beschäftigten etwa 2000  für durchschnittlich drei bis vier Jahre fern der Heimat arbeiten, wird der Partner bewusst in die Unterstützungsmassnahmen integriert. Dazu gehört sogar eine einwöchige Orientierungsreise in das künftige Einsatzland. Über einen externen Dienstleister werden die Partner der wegziehenden Mitarbeitenden zudem bei der Suche nach einem Job beraten.
 
In ihrer Studie stellt Marion Büttgen weiter fest, dass Karriere machen bei den Paaren längst nicht immer an oberster Stelle steht.  Entsprechend leichter falle es, ein Jobangebot an einem Standort auszuschlagen, der sich mit der Partnerschaft nicht gut vereinbaren lasse - ohne dabei die eigene zu Karriere gefährden. Die Tatsache, dass es nicht mehr üblich ist, lebenslang bei einer Firma zu arbeiten, erleichtere, Nein zu einem Auslandsaufenthalt zu sagen. „Die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmenden ist im Zuge des demografischen Wandels deutlich stärker geworden.“
 
Marion Büttgen beobachtet allerdings, dass die Partner bei Auslandseinsätzen zwar miteinbezogen werden, aber eben oft erst in der Umsetzungs- und noch nicht in der Entscheidungsphase. „Das Bewusstsein ist bei den Personalfachleuten noch nicht überall stark ausgeprägt.“

Bildquelle: Thinkstock