Von Martin Wehrle*
Mal ehrlich: Womit haben Sie sich in den letzten Jahren mehr befasst – mit Ihrer Ferien- oder Ihrer Karriereplanung? Viele Menschen betrachten ihre Berufslaufbahn immer noch als Selbstläufer: Sie legen sich bei der Arbeit ins Zeug und hoffen, der Rest ergebe sich von allein. Zum Beispiel eine Beförderung.
Karriere hat aber kaum mit Zufall oder mit Glück, sondern mit guter Planung zu tun. Nachfolgend erfahren Sie, wie Ihre Karriere durch strategische Schachzüge und eine gelungene Planung in Schwung kommt.
1. Standort-Bestimmung
Analysieren Sie zunächst, an welchem Punkt Sie im Moment stehen und wie Sie dorthin gelangt sind. Haben Sie einen Plan verfolgt? Oder sich eher vom Zufall leiten lassen? Welches waren Ihre besten Schachzüge? Dann geben Sie eine Prognose ab, indem Sie von Ihrem Ausgangspunkt nach vorne schauen: Wenn alles so weiterläuft wie bisher, wo werden Sie dann in fünf oder zehn Jahren stehen? In derselben Position? Oder weiter oben?
Werden Positionen frei, die für Sie reizvoll sind? Befördert Ihre Firma eigene Mitarbeiter – oder holt sie lieber Leute von aussen? Und empfinden Sie es überhaupt als reizvoll, in dieser Firma Ihre Karriere voranzutreiben?
2. Ressourcen sichten
Ehe ein Bergwanderer zu seiner Tour aufbricht, prüft er seine Ausrüstung. Ohne Seil würde er sich nicht in die Steilwand begeben. Prüfen Sie ebenfalls, was Sie für den Aufstieg in Ihre Wunschposition mitbringen – an Erfahrungen und Kompetenzen. Welche Qualitäten haben Sie in Ihren letzten Positionen bewiesen? Wofür haben Sie Chefs, Kollegen und Kunden gelobt?
Gibt es ein Kompliment, das sich wie ein roter Faden durch Ihren Lebenslauf zieht, angefangen in der Schulzeit? Wenn andere bei der Arbeit Ihren Rat suchen, um welche Fragen geht es dann? Was würden diese anderen über Ihre Stärken sagen? Auf diese Weise können Sie Ihr Rüstzeug, Ihre Stärken, analysieren. Dann fragen Sie sich: Wie kann ich diese Stärken für meinen nächsten Karriereschritt nutzen?
3. Förderer erkennen
Bei der Karriere ist es wie auf dem Fussballfeld: Niemand kommt dauerhaft zum Erfolg, wenn er nur Alleingänge unternimmt, aber niemals von den anderen angespielt wird. Auf gute Vorlagen sind Sie angewiesen, zum Beispiel auf die Zuarbeiten anderer, die Hinweise auf offene Positionen, die Fürsprache bei gehobenen Chefs.
Notieren Sie, wer in Ihrer jetzigen Firma oder auch ausserhalb auf Ihrer Seite steht. Welche Freunde, welche Förderer wären bereit, Sie auf Ihrem Karriereweg zu unterstützen? Fragen Sie sich bei jedem einzelnen: Wie könnte er mich unterstützen? Durch Wissen, durch Kontakte, durch motivierende Worte? Nehmen Sie aber nicht nur Unterstützung entgegen – sondern geben Sie auch so viel wie möglich zurück. Sonst versiegen die Hilfsquellen auf Dauer.
4. Zwischenziele setzen
Je grösser ein Ziel, desto ferner scheint es. Wer CEO eines börsenkotieren Unternehmens werden will, könnte als Berufsziel auch „Kaiser von China“ nennen. Es sei denn, er bricht sein grosses Ziel, in viele kleine Ziele herunter, die erreichbar sind. Ein kluger Planungsweg: Schauen Sie sich die Karrierewege von Menschen an, die Ihre Zielposition schon erklommen haben.
Welche Positionen haben sie vor dem entscheidenden Schritt ausgeübt? Welchen Gremien haben sie angehört, auf welchen Rednerlisten sind sie aufgetaucht, bei welchen Kongressen sassen sie im Podium? Daraus können Sie sich überschaubare Zwischenziele ableiten.
5. Rückschritt als Fortschritt
Was tun Sie, wenn Sie zum Beispiel im gehobenen Management angekommen sind, aber in diesem Haifischbecken unglücklich werden? Tatsächlich ist die Vorstellung, die man von einem Ziel hat, oft mit dem Ist-Zustand nur entfernt verwandt. Dem können Sie vorbeugen, indem Sie sich möglichst gut über die Zustände informieren.
Und wenn das Malheur dennoch passiert? Dann sollten Sie sich nicht eisern an Ihrer Zielposition festklammern. Es gibt Manager, die sich bewusst für einen Wechsel zurück in eine Fachposition entscheiden. Klar, das führt für einige Zeit zu Tratsch und Häme in der Firma. Dem können Sie aber mit Offenheit entgegenwirken, zum Beispiel mit dem Satz: „Ich habe einfach gemerkt, dass ich als Fachkraft glücklicher bin. Wie hättest du an meiner Stelle gehandelt?“
* Der Erfolgsautor Martin Wehrle gilt als Deutschlands bekanntester Karrierecoach. Sein aktuelles Buch: „Der Klügere denkt nach. Von der Kunst, auf die ruhige Art erfolgreich zu sein.“ In der Schweiz ist er als unterhaltsamer Vortragsredner bekannt, u. a. zu Führungskultur und Frauenförderung. Kontakt über: www.wehrle-redner.de
Bildquelle: Thinkstock